Die Urgeschichte des Bernhardsthaler Raumes
Autor: JOHANNES-WOLFGANG NEUGEBAUER (1976)
Aktualisierung 2018 (F. Stratjel)
Die Urgeschichte umfaßt den Zeitraum vom ersten Nachweis des Menschen (früher nahm man 600.000 v. Chr. als Richtwert an, heute rechnet man mit 3,000.000 - 1,000.000 v. Chr. im afrikanisch-asiatischen Raum; bei uns etwa 100.000 v. Chr.. Neue Funde in Spanien und Tschechien schieben auch bei uns die Menschheitsgeschichte wesentlich weiter zurück. ) bis zum Beginn schriftlicher Nachrichten. Durch die Eroberung des Alpenraumes um 15 v. Chr. durch die Römer wird auch unsere Heimat in den Bereich der geschriebenen Geschichte miteinbezogen. Den etwa 2000 Jahren literaler Geschichte steht der ungeheure Zeitraum ohne Schrift, eben der Urgeschichte, gegenüber. Die Quellen der Urgeschichtsforschung sind daher nicht schriftlicher, sondern dinglicher Art. Das heißt, die zufällig gemachten Funde, bzw. besser die bei systematisch durchgeführten Ausgrabungen gut beobachtet erschlossenen Gegenstände (Siedlungs- oder Grabfunde) müssen in einem Indizienverfahren helfen, die Ereignisgeschichte der Urzeit zu rekonstruieren. Aber auch später noch, etwa in der Römischen Kaiserzeit oder in der Frühgeschichte, bleibt die Spatenforschung eine notwendige Hilfswissenschaft.
Die Urgeschichte wird üblicherweise nach den Hauptwerkstoffen in drei Perioden gegliedert, in die Steinzeit, die Bronzezeit und die Eisenzeit (Historische Epochen). Das sind aber bloß ganz allgemeine Begriffe, die etwa der Antike, dem Mittelalter und der Neuzeit entsprechen. Die Forschung hat sich demnach bemüht, weitere Unterteilungen zu treffen, und zwar in eine Alt- und Jungsteinzeit, in eine Frühe, Mittlere und Späte Bronzezeit und eine Ältere und jüngere Eisenzeit. Innerhalb dieser Abschnitte können dann noch regionale Kulturen unterschieden werden, die zumeist nach einem wichtigen Fundort benannt werden (so etwa der Nordosten Niederösterreichs in der Älteren Eisenzeit nach Bernhardsthal).
Bevor wir nun die einzelnen Kapitel der Urgeschichte anhand der Bestände des Heimatmuseums kennenlernen wollen, soll noch ein Blick auf die Geschichte der Urgeschichtsforschung in Bernhardsthal geworfen werden.
Der erste, der im Weinviertel und auch in Bernhardsthal schon zu Beginn des letzten Drittels des vorigen Jahrhunderts systematische Forschungen und ebenfalls größere Grabungen durchführte, war Dr. Matthäus Much, der völlig zu Recht als „der Vater der österreichischen Urgeschichtsforschung” bezeichnet wird. Es ist daher kein Zufall, dass er die großen hallstattzeitlichen Hügelgräber von Bernhardsthal („Drei Berge”) und Rabensburg (auf dem westlichsten Hügel steht eine Dreifaltigkeitskapelle mit der Inschrift: „Der Verehrung Gottes und dem Andenken der Vorzeit”) schon um 1875 entdeckt und wenig später (etwa 1878) ausgegraben hat. Obwohl diese „Durchwühlungen” keineswegs unseren modernen Anforderungen entsprachen, so sind sie doch als das Erwachen eines fachlich en Interesses an der Urzeit der Heimat zu werten (vgl. dazu Abb. 2). Die große Tradition der Bernhardsthaler Urgeschichtsforschung wurde in der Folge durch Univ.-Prof. Dr. H. Mitscha-Märheim und Univ.-Prof. Doktor R. Pittioni (Fund des Bernhardsthaler Bleikreuzes 1931; Abb. 6) fortgesetzt. Gerade die jetzt erfolgte Eröffnung des Bernhardsthaler Heimatmuseums und laufende Grabungen in und um den Ort beweisen, daß Bernhardsthal auch in der modernen Forschung nach wie vor eine hervorragende Position einnimmt.
Zur Zeit der Entstehung dieses Artikels sind der Erst-Autor Prof. Dr. Johannes-Wolfgang Neugebauer, der auf Anregung von Prof. Friesinger das Inventar des Museums anlegte, und Dr. Horst Adler mit der Ausgrabung im Feldl zu nennen. In jüngerer Zeit erfolgten Ausgrabungen von Jan Vavrus unter Leitung von Mag. Christoff Blesl (Alt-Bernhardsthal im Teich), Anna und Fritz Preinfalk (kelt. Grabgärten) und Prof. Jiri Machacek (slaw. Gräberfeld im Föhrenwald).
Wenn man nun den ersten Raum betritt, so soll zuerst ein Luftbild des österreichischen Bundesheeres eine Vorstellung von der Lage des Ortes an Thaya und Hamelbach vermitteln (über Vitrine 9). Im Vergleich dazu versucht die Fundkarte (über Vitrine 3) die Siedlungsreizpunkte in den einzelnen ur- und frühgeschichtlichen Perioden zu verdeutlichen, während eine Übersichtstafel neben der Tür auch dem Laien die Orientierung in der Vorzeit erleichtern soll.
Raum 1, Vitrine 9
An den "Vater" des Heimatmuseums, Otto BERGER, das auch nach ihm benannt wurde, und den wissenschaftlichen Bearbeiter, Johannes-Wolfgang NEUGEBAUER erinnern Ausstellungsstücke in der Vitrine 9.