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Kirchengast: Frühmittelalterliche Skelette aus dem Tumulus I

Neubearbeitung und ethnische Deutung der frühmittelalterlichen Skelette aus dem Tumulus I von Bernhardsthal, Niederösterreich

ArchA 77,1993, 127 f.

Sylvia KIRCHENGAST, Wien

Einleitung

Im Jahre 1870 führte der Wiener Prähistoriker M.Much im niederösterreichischen Bernhardsthal an drei hallstattzeitlichen Grabhügeln archäologische Untersuchungen durch. Im ersten Grabhügel stieß der Ausgräber zunächst auf chronologisch jüngere Nachbestattungen: Knapp unter der Oberfläche (25-100 cm) entdeckte M. Much sechs 0-W orientierte Bestattungen in Holzsärgen. Das Cranium der sechsten Bestattung fehlte offenbar bereits bei der Entdeckung. Aus der Formulierung M. Muchs "ein Skelett und fünf Schädel sind vollständig erhalten" kann man schließen, daß die zu den Schädeln gehörenden postkranialen Skelette nicht mehr geborgen werden konnten. Keine der Bestattungen war mit Beigaben versehen, es fanden sich lediglich wenige Scherben gedrehter und ungedrehter Gefäße. Im Inneren des Grabhügels, in etwa 2 m Tiefe, entdeckte der Ausgräber schließlich eine aus Bohlen gezimmerte Holzkammer von 2,1 m Länge bzw. Breite und 0,4 m Höhe. In der Mitte der Grabkammer lag auf Stroh gebettet ein bis auf wenige Reste des rechten Parietale zerfallenes Skelett. Hier konnten Grabbeigaben sichergestellt werden, nämlich ein eisernes Schwert, durchlochte Glasperlen, ein eisernes Messer, zwei eiserne Sporen, mehrere mit Eisen beschlagene Holzeimer und zwei Tongefäße, die das Grab als frühmittelalterlich ausweisen. Das Individuum in der Grabkammer ist aufgrund der Art seiner Beisetzung und seiner Grabbeigaben höchstwahrscheinlich ein Mann mit hohem sozialem Status gewesen; M. Much bezeichnet ihn als "Häuptling". M. Much selbst warf bereits die Frage auf, ob die sechs Bestattungen im Hügelmantel zu seinem "Gefolge" gehörten, also als etwa zeitgleich anzusehen sind. Die Beantwortung dieser Frage, ebenso wie eine ethnische Zuordnung der Bestatteten war von seiten der Archäologie aufgrund der relativ uncharakteristischen Beigaben bis heute nicht möglich.

Die Einbauten und Beigaben des ursprünglichen hallstattzeitlichen Grabes im Tumulus I von Berhardsthal sind beim Einbau der Bohlenkammer teilweise verloren gegangen, einige Tongefäße jedoch erhalten geblieben. Der zweite Grabhügel von Bernhardsthal war bereits durchwühlt und enthielt keine nennenswerten Funde, aus dem dritten Hügel hingegen konnten zahlreiche zerbrochene Gefäße geborgen werden.

Eine erste anthropologische Untersuchung der fünf erhaltenen Schädel (Verzeichnisnummern C 165 bis C 169 in der Sammlung des ehemaligen Anthropologisch-Ethnographischen Instituts) aus dem Tumulus I von Bernhardsthal wurde 1922 von H. Pöch publiziert. Sie bezeichnete die fünf Individuen als "Krieger", ihrer Ansicht nach weisen die erhaltenen Schädel "zahlreiche Spuren von entweder gut vernarbten oder auch tödlichen Hiebwunden an Stirn, Schläfe und den Nasenbeinen auf". Bereits H. Pöch vermutete aufgrund des guten Erhaltungszustandes, des rezenten Baues der Schädel, des Fehlens des dritten Mahlzahnes sowie des Vorkommens von Zahnfäule ein relativ geringes absolutes Alter (7. - 10. Jh. n. Chr). Einige Parallelen zum Bestattungsplatz Derfflingerhügel bei Kalbsrieth in Sachsen und die Tatsache, daß die Schädel nach H.-Pöch morphologisch dem "slawischen Rassengemisch" entsprechen, führte zu der bis heute nicht verifizierten Ansicht, daß es sich bei den Bernhardsthaler Bestatteten um Slawen handelt.

Unmittelbarer Anlaß für die Neubearbeitung der Bernhardsthaler Skelettfunde aus dem Tumulus I ist der Umstand, daß die Sterbealters- und Geschlechtsdiagnosen H. Pöchs aus heutiger Sicht teilweise revisionsbedürftig sind. Darüber hinaus war es das Ziel der vorliegenden Arbeit, die Skelette erstmals ausreichend photographisch zu dokumentieren und in bezug auf ihre metrischen und morphologischen Merkmale dem aktuellen methodischen Standard entsprechend zu beschreiben. So ist es erstmals möglich, die Frage der ethnischen Zuordnung der Bernhardsthaler Serie auf der Basis der metrischen Merkmale der fünf erhaltenen Schädel mit Hilfe von multivariaten Vergleichen mit österreichischen Stichproben ähnlicher Zeitstellung zu klären. Gleichzeitig werden auf diese Weise die Ähnlichkeitsbeziehungen der frühmittelalterlichen Ethnien unseres Raumes (Bajuwaren, Langobarden, Awaren, Slawen) anhand der ihnen jeweils zugeordneten Skelettserien dargestellt. Darüber hinaus soll eine sogenannte Verwandtschaftsanalyse aufgrund der morphologischen Merkmale bzw. Diskreta Aufschluß über mögliche genetische Beziehungen innerhalb der Bernhardsthaler Serie geben.

Die Verf. verdankt Herrn Univ.-Prof. Dr. E.-M. Winkler die Überlassung des Skelettmaterials sowie zahlreiche konstruktive Diskussionsbeiträge.

Methodik

Die Sterbealters- und Geschlechtsdiagnosen sowie die Erhebung der metrischen Merkmale wurden nach den methodischen Richtlinien in dem von R. Knußmann neu herausgegebenen Handbuch der Anthropologie durchgeführt. Die Körperhöhe des erwachsenen Mannes (Skelettindividuum S 148) wurde mit Hilfe der Tabellen von E. Breitinger geschätzt. Die Definitionen der in Tabelle 4 enthaltenen kranioskopischen Merkmale finden sich bei den von E.-M. Winkler und H. Wilfing zitierten Autoren.

Ergebnisse

Individualbefunde

Skelettindividuum C 165

Erhalten: Cranium.

Bezahnung: Am Oberkiefer sind beide erste Incisiven und der rechte zweite Incisivus postmortal verloren gegangen, der linke zweite Incisivus ist abgebrochen. Im Unterkiefer sind alle Ineisiven und der linke Caninus postmortal verloren gegangen. Leistenförmiger Zahnsteinbesatz.

Sterbealter: Spätadult
Die Hauptnähte des Schädels sind endokranial vollständig synostosiert, ektokranial vor allem im Bereich der Sutura sagittalis sogar größtenteils verstrichen; Sphenobasilarfuge geschlossen; Molarenabrasion (25.-35./1 LJ.).

Geschlecht: Weiblich?
Der Schädel zeigt ein seltenes Mosaik weiblicher und männlicher Merkmalsausprägungen: Steile Stirn mit kaum entwickelter Glabella; scharfer Orbitarand; zarter Jochbogenansatz; relativ zarter niedriger Unterkiefer mit weiblicher Kinnbildung; sehr kleine Zähne, besonders im Unterkiefer. Atypisch: besonders große kräftige Warzenfortsätze; großes Foramen magnum. H. Pöch hat dieses Individuum offenbar ausschließlich aufgrund der ungewöhnlich großen Warzenfortsätze, vielleicht aber auch wegen einer "Hiebverletzung" im Gesicht als männlich bestimmt. Da jedoch neben den metrischen Merkmalen des Schädels (Tab. 1) die große Mehrheit der Formmerkmale (Tab. 3) für das weibliche Geschlecht sprechen und auch die Grünverfärbungen im Ohr- und Halsbereich auf das Tragen von Schmuck hindeuten, wurde im vorliegenden Fall die Geschlechtsdiagnose geändert.

Pathologie: Cribra cranii im Bereich des Lambda. Die Nasenbeine sind durch eine ante mortem erlittene Fraktur nach links gestaucht, die vorderen Anteile der Nasenscheidewand nach links verbogen. Bei den bei H. Pöch erwähnten "Hiebspuren" am rechten Stirnbein handelt es sich (sollte H. Pöch nicht normale Gefäßimpressionen, lat. Impressiones vasorum supraorbitales, gemeint haben) tatsächlich um eine flächige (ca. 3 x 3 cm große) Verletzung der rechten Überaugenregion, die sich jedoch bei genauerer Betrachtung auf den Processus frontales des rechten Os zygomaticum sowie den Processus frontales der Maxilla fortsetzt. Die Tabula externa der Überaugenregion, des Jochbeines und der Maxilla weist Knochenreaktionen auf und ist teilweise durch entzündliche Prozesse infolge von Sekundärinfektionen der Weichteilverletzungen stark aufgeraubt, schollig abgehoben und porosiert. Das Individuum C 165 dürfte die in Frage stehende Verletzung also erst relativ kurze Zeit (wenige Monate) ante mortem erlitten haben. Die äußere Tafel der Überaugenregion könnte sogar leicht eingedrückt gewesen sein, eine Gehirnerschütterung sowie ein ausgedehntes Hämatom sind wahrscheinlich. Eine knöcherne Spicula auf dem Margo infraorbitalis medial von der Sutura infraorbitalis spricht dafür, daß auch der rechte Augapfel in Mitleidenschaft gezogen gewesen sein könnte. Die Lokalisation der einzelnen Verletzungen sowie der Zustand der Knochenoberflächen lassen den Schluß zu, daß als gemeinsamer verursachender Faktor nicht ein "Hieb" mit einem scharfkantigen Gegenstand, sondern entweder ein stumpfes Trauma durch ein breites flaches Objekt oder, noch wahrscheinlicher, ein schwerer Sturz in Frage kommen. Die Tatsache, daß die gesamte rechte Obergesichtshälfte betroffen ist, läßt jedenfalls eher an einen Unfall denken.

Bemerkungen: Der Schädel zeigt auf beiden Seiten Grünverfärbungen im Bereich des Porus accusticus externus, des Planum nuchale sowie des Processus condylaris des Unterkiefers durch Kupfer- bzw. Bronzeoxyde.

Skelettindividuum C 166

Erhalten: Cranium.

Bezahnung: Im Oberkiefer sind alle Incisivi und beide Canini postmortal verloren gegangen, ebenso der linke dritte Molar. Der rechte dritte Molar dürfte nicht angelegt gewesen sein. Im Unterkiefer sind alle Incisivi und beide rechten Prämolaren postmortal verloren gegangen. Die dritten Molaren waren nicht angelegt.

Sterbealter: Frühadult (20.-22. LJ.)
Die Hauptnähte des Schädels sind endo- und ektokranial offen, die Sphenobasilarfuge ist zwar verwachsen aber noch sichtbar. Molarenabrasion (17.-25. LJ.).

Geschlecht: Männlich??
Der Schädel entspricht in den meisten seiner Merkmalsausprägungen dem männlichen Geschlechtstypus, z. B. stumpfer Orbitarand, relativ kräftiger Unterkiefer mit prominenter Kinnbildung und ausgeprägter Eversio anguli. Atypisch: relativ schwach entwickelte Glabella, zarter Jochbogenansatz, kleine spitze nach innen gebogene Warzenfortsätze, Planum nuchale mäßig skulpturiert, besonders im Unterkiefer relativ kleine Zähne, besonders die Frontzähne.

Pathologie: Cribra orbitalia (Stufe 2); zahlreiche Schmelzhypoplasien an den Frontzähnen. Der von H. Pöch als Gewaltverletzung ("klaffende Spalte" beschriebene lochförmige Substanzverlust im Bereich der rechten Schläfengrube dürfte wahrscheinlich auf eine Beschädigung bei der Ausgrabung zurückgehen. An den (alten) Bruchrändern finden sich keine Knochenreaktionen, die Verletzung müßte also unmittelbar ante mortem erfolgt sein bzw. zum Tod geführt haben. Gegen diese Annahme spricht jedoch entschieden die Lokalisation der Läsion auf der rechten Seite des Schädels, vor allem aber das Fehlen charakteristischer Sprünge und Friktionslinien, wie sie am fetten Knochen unter Gewalteinwirkung entstehen.

Bemerkungen: Ähnlichkeiten mit C 165, C 168, z. B. spitze, nach lateral gebogene Processi coronoidei.

Skelettindividuum C 167

Erhalten: Unvollständiges Cranium. Der Hirnschädel ist bis auf den caudalen Anteil des rechten Parietale und die dorsalen Anteile des rechten Temporale sowie zentrale Teile der Schädelbasis vollständig. Vom Unterkiefer fehlen der linke Unterkieferwinkel inkl. aufsteigender Ast sowie die kranialen Teile des rechten aufsteigenden Astes.

Bezahnung: Im Oberkiefer sind beide zweiten Incisiven und die dritten Molaren postmortal verloren gegangen. Im Unterkiefer sind bis auf den linken lateralen Incisivus sämtliche Frontzähne post mortem ausgefallen. Die dritten Molaren sind im Unterkiefer nicht angelegt.

Sterbealter: Spätadult (31.-40. LJ.)
Die Hauptnähte des Schädels sind bis auf die Bregmaregion endokranial verwachsen, ektokranial nur im Bereich des Obelion bereits verstrichen; Molarenabrasion (25.-35. LJ.).

Geschlecht: Männlich.
Der relativ große Schädel weist sämtliche Merkmalsausprägungen des männlichen Geschlechtstypus auf, z. B. stark betonte Überaugenregion, stumpfer Orbitarand, große kräftige Warzenfortsätze, stark skulpturiertes Planum nuchale; stark entwickeltes Lateralkinn mit tiefer Einsattelung zwischen den Tubera mentalia, im Oberkiefer große Zähne.

Pathologie: Bereits stark verstrichene Cribra orbitalia (Stufe 2); Cribra cranii auf den medialen Anteilen der Deckknochen des Hirnschädels. Starke Schmelzhypoplasien an den Frontzähnen. Die von H. Pöch als "tödliche Hiebwunde" klassifizierte ausgedehnte Lochbildung an der rechten Schädelseite dürfte wie schon im Fall von Individuum C 166 nicht auf eine Gewaltverletzung zurückgehen. Gegen eine solche Annahme sprechen nicht nur die Lokalisation der Läsion auf der rechten Schädelseite, sondern auch die Tatsache, daß es sich größtenteils um alte Bruchränder handelt, die allerdings in keinem einzigen Fall als Schnittspuren zu interpretieren sind. Alle Ränder und Sprünge sind unregelmäßig und dürften zusammen mit den Substanzverlusten im Zentrum der Schädelbasis durch den Druck des Sargdeckels post mortem entstanden sein. Zusätzliche Sprünge am Stirnbein und an den Scheitelbeinen dürften auf die Austrocknung des Schädels nach der Bergung zurückgehen. H. Pöch selbst schreibt, der Schädel sei "nach dem Tode durch Erweichung und Druck von Erdmassen stark verzogen worden, die Basis zertrümmert".

Bemerkungen: Ähnlichkeiten mit C 165, C 166 und C 168. Im Unterkiefer kleine Prämolaren und Frontzähne, Einsattelung zwischen den Tubera mentalia wie bei C 168.

Skelettindividuum C 168

Erhalten: Cranium.

Bezahnung: Von den Frontzähnen des Oberkiefers sind sämtliche Incisiven sowie der rechte Caninus post mortem verloren gegangen. Dies gilt auch für die beiden zweiten Molaren. Der rechte erste Molar und beide dritten Molaren sind bereits intra vitam ausgefallen, der Alveolarkamm ist bereits stark reduziert und porosiert. Im Unterkiefer sind die beiden ersten Incisiven, der rechte zweite Incisivus sowie die beiden zweiten Prämolaren post mortem verloren gegangen.

Sterbealter: Spätadult (30.-40. LJ.).
Die Hauptnähte des Schädels sind endo- und ektokranial verwachsen, jedoch noch nicht verstrichen. In Bereich des Obelion läßt sich eine deutliche Vereinfachung der Sagittalnaht feststellen. Sphenobasilarfuge geschlossen. Abrasion der erhaltenen Molaren (25.-35. J.); die meisten Oberkiefermolaren sind bereits intra vitam verlorengegangen.

Geschlecht: Männlich.
Der Schädel zeigt insgesamt alle Merkmalsausprägungen des männlichen Geschlechtstypus, z. B. betonte Glabella, stumpfer Orbitarand, betonte Linea temporalis; kurze, aber kräftige Warzenfortsätze, kräftig skulpturiertes Planum nuchale, mäßig robuster Unterkiefer mit stark entwickeltem Lateralkinn, kleine Zähne.

Pathologie: Fast vollständig verstrichene Cribra orbitalia (Stufe 1); Cribra cranii auf den medialen Anteilen der Deckknochen des Hirnschädels; der harte Gaumen ist stark porosiert; die Nasenscheidewand ist nach links verbogen. Die zweiten und dritten Unterkiefermolaren sind aufgrund des fehlenden Gegenbisses der korrespondierenden Oberkieferrnolaren auch okklusal von Zahnstein bedeckt, die Kauflächen der dritten Molaren weisen besonders rechts tiefe kariöse Läsionen auf (Fissurenkaries Typus la nach G. V. Black). Auf der linken Hälfte des Stirnbeines, etwa 2 cm lateral von der Sutura metopica, findet sich eine bereits von H. Pöch erwähnte daumennagelgroße Hiebnarbe. Die Form der halbmondförmigen Knochennarbe läßt darauf schließen, daß der Hieb von rechts oben mit einer scharfen schneidenden Waffe, z. B. einem Schwert, geführt worden ist. Vor allem am medialen Rand der Läsion hat später die eröffnete Diploe zu einer wulstförmigen Knochenreaktion geführt.

Bemerkungen: Individuum C 168 ist durch eine merkliche Deformation des Gesichtsschädels gekennzeichnet: Die rechte Orbita ist höher, die rechte Fossa canina tiefer als die entsprechenden Regionen der Gegenseite. Das Gesicht ist also nach rechts unten verdreht. Ein Zusammenhang mit der Hiebnarbe auf der Stirn ist auszuschließen, es dürfte sich um eine einfache Entwicklungsstörung handeln.

Mäßige Ähnlichkeiten mit C 165, z. B. kurzer, breiter Hirnschädel mit breiter gerundeter Stirn, Sutura metopica, spitzer, nach lateral gebogener Processus coronoideus.

Skelettindividuum C 169

Erhalten: Cranium.

Bezahnung: Im Oberkiefer sind sämtliche Incisiven und beide Canini post mortem verloren gegangen. Im Unterkiefer sind beide ersten Incisiven, der linke Caninus und der linke zweite Prämolar post mortem ausgefallen. Der erste Molar der rechten Unterkieferhälfte ist bereits intra vitam ausgefallen, der Alveolarkamm mäßig atrophiert. Die dritten Molaren sind im Unterkiefer nicht angelegt. Vor allem an den Molaren schwacher leistenförmiger Zahnsteinbesatz.

Sterbealter: Frühadult (25.-30. LJ.).
Skelettindividuum C 169 wurde von H. Pöch als "Jugendlicher" bezeichnet, eine Sterbealterschätzung, die angesichts der fortgeschrittenen Nahtverknöcherung und der geschlossenen Sphenobasilarfuge keinesfalls zu halten ist: Die Hauptnähte des Schädels sind endokranial verwachsen, ektokranial jedoch nur im Bereich des Obelion vollständig verstrichen (20.-29. LJ.). Die Sphenobasilarfuge dürfte bereits synostosiert gewesen sein, ist jedoch post mortem wieder aufgebrochen. Molarenabrasion (17.-25. LJ.).

Geschlecht: Männlich.
Der relativ große Schädel entspricht in seinen Merkmalsausprägungen vollkommen dem männlichen Geschlechtstypus, z. B. betonte Glabella, stumpfer Orbitarand, betonte Überaugenregion, lange kräftige Warzenfortsätze, hakenförmig ausgezogenes Inion, kräftig skulpturiertes Planum nuchale, im Oberkiefer große Zähne.

Pathologie: Nahezu vollständig verstrichene Cribra orbitalia (Stufe 1), Schmelzhypoplasien an den Frontzähnen des Unterkiefers.

Bemerkungen: Auffällig schwache Molarenabrasion im Vergleich mit der Entwicklung des Muskelreliefs am Schädel, Ähnlichkeiten mit den übrigen Individuen, z. B. kleine Frontzähne im Unterkiefer, spitzer nach lateral gebogener Processus coronoideus.

Tab. 1: Maße und Indices der Cranien von Bernhardsthal

Maß Nr.   C 165 C 166 C 167 C 168 C 169
1. Größte Hirnschädellänge 177 187 -187 178 185
2. Glabello-Inionlänge 177 183 183 177 185
3. Glabello-Lamdalänge 171 182 181 168 177
5. Schädelbasislänge 100 106 - 102 106
7. Länge d. Foramen magnum 39 37 - 33 35
8. Größte Schädelbreite 148 143 -138 144 140
9. Kleinste Stirnbreite 100 97 97 96 94
10. Größte Stirnbreite 129 123 124 128 121
11. Biauricularbreite 127 121 - 127 121
11b Biradicularbreite 126 119 - 123 120
12. Größte Hinterhauptsbreite 112 109 108 103 109
13. Mastoidalbreite 113 107 - 112 108
13/1 Größte Mastoidalbreite 132 127   130 129
16. Breite d. Foramen magnum 33 36 - 29 32
17. Basion-Bregma-Höhe 128 133 139 138 136
19a Mastoidhöhe 31/30 30/30   24/24 39/38
20. Ohr-Bregma-Höhe 112/111 104/103 123/- 106/106 109/111
23. Horizontalurnfang 519 536 534 525 521
24. Transversalbogen 317 315 - 309 319
25. Mediansagittalbogen 362 378 379 373 378
26. Mediansagittaler Frontalbogen 125 136 136 125 135
27. Mediansagittaler Parietalbogen 123 134 126 118 116
28. Mediansagittaler Occipitalboge 114 108 117 130 127
28/1 Mediansg. Oberschuppenbogen d.Oc. 67 60 64 80 78
29. Mediansagittale Frontalsehne 107 117 120 105 112
30. Mediansagittale Parietalsehne 112 116 113 100 106
31. Mediansagittale Occipitalsehne 94 89 99 101 100
31/1 Mediansg. Oberschuppensehne 63 57 62 69 74
31/2 Unterschuppensehne 45 49 52 53 49
38. Schädelkapazität (cm') 1400 1580 1510 1370 1360
40. Gesichtslänge 101 99 - 94 96
42. Untere Gesichtslänge 112 113 - 101 103
43. Obergesichtsbreite 104 104 105 104 101
44. Biorbitalbreite 95 95 -98 95 96
45. Jochbogenbreite 135 129 -130 127 -
46. Mittelgesichtsbreite 96 96 -94 93 -
47. Gesichtshöhe 107 115 111 113 113
48. Obergesichtshöhe 65 66 67 68 69
50. Vordere Interorbitalbreite 27 23 25 27 19
51. Orbitalbreite 35/35 39/40 40/- 38/37 41/41
52. Orbitalhöhe 31/31 35/35 32/32 32/31 31/30
54. Nasenbreite 24 25 24 26 25
55. Nasenhöhe 51 49 49 50 49
55/1 Höhe d. Apertura piriformis 28 27 32 32 34
57. Kleinste Breite d. Nasenbeine 11 11 13 4 8
57/1 Größte Breite d. Nasenbeine 14 17 19 16 16
60. Maxilloalveolarlänge 55 52 56 57 49
61. Maxilloalveolarbreite 60 64 66 63 60
62. Gaumenlänge 45 49 48 45 43
63. Gaumenbreite 34 37 40 36 39
65. Kondylenbreite 119 119 - 113 124
66. Unterkieferwinkelbreite 97 108 - 106 106
68. Länge d. Unterkiefers 68 78 - 70 57
68/1 Größte projektiv. Unterkieferlänge 106 112 - 109 98
69. Kinnhöhe 29 31 32 33 29
69/1 Höhe d. Corpus mandibulae 28/27 30/30 30/32 33/33 28/27
69/3 Dicke d. Corpus mandibulae 12/12 11/11 16/15 15.Jän 13/11
70. Asthöhe d. Unterkiefers 58/57 60/59 - 58/57 60/59
70/3 Tiefe d. Ineisura mandibulae 14/ - 13/13 - -/15 16/15
71. Astbreite d. Unterkiefers 31/31 31/32 - 28/29 29/28
71/1 Breite d. Incisura mandibulae 36/37 32/33 - - /32 35/35
79. Astwinkel d. Unterkiefers in Grad 128 126 - 133 126
  Breite des Processus condylaris 20/19 19/20 - 18/16 23/ -

Schädelindices

Index   C 165 C 166 C 167 C 168 C 169
             
I 1 (8:1) 83,6 76,5 73,8 80,9 75,7
I 2 (17:1) 72,3 71,1 74,3 77,5 73,5
I 3 (17:8) 86,5 93,0 100,7 95,8 97,1
I 4 (20:1) 63,3 55,6 65,8 59,6 58,9
I 5 (20:5) 75,7 72,7 89,1 73,6 77,9
I 10 ( 1:25) 48,9 49,5 49,3 47,7 48,9
I 11 (11:24) 40,1 38,4 - 41,1 37,9
I 12 9:10) 77,5 78,9 78,2 75,0 77,7
I 13 9:8 ) 67,6 67,8 70,3 66,7 67,1
I 22 (29:26) 85,6 86,0 88,2 84,0 82,9
I 23 (30:27) 91,1 86,6 89,7 84,7 91,4
I 24 (31:28) 82,5 82,4 84,6 77,7 78,7
I 25 (31/l:28/1) 94,0 95,0 96,9 86,3 94,9
I 33 (16:7 ) 84,6 97,3 - 87,9 91,4
I 37 (1 + 8 + 17) 453 463 - 460 461
I 38 (47:45) 79,3 89,1 85,4 88,9 90,4
I 39 (48:45) 48,1 51,2 51,5 53,5 55,2
I 39/1 (48:46) 67,7 68,8 71,3 73,1 73,4
I 40 (66:45) 71,9 83,7 - 83,5 84,8
I 41 (46:45) 71,1 74,4 72,3 73,2 75,2
I 42 (52:51) 88,6 89,7 80,0 84,2 75,6
I 46a (50:44) 28,4 24,2 25,5 28,4 19,8
I 44 (54:55) 47,1 51,0 48,9 52,0 51,0
I 51/1 (54:45) 17,8 19,4 18,5 20,5 20,0
I 51/2 (55:48) 78,5 74,2 73,1 73,5 71,0
I 54 (61:60) 109,1 123,1 117,9 110,5 122,4
I 58 (63:62) 75,6 75,5 83,3 80,0 90,7
I 60 (40:5 ) 101,0 93,4 - 92,2 90,6
I 64 (66:65) 81,5 90,8 - 93,8 85,5
I 66 (69/3:69/1) 42,9 36,7 53,3 33,3 46,4
I 69 (40:1 ) 57,1 52,9 - 52,8 51,9
I 70 (48:17) 50,8 49,6 - 49,3 50,7
I 71 (45:8) 91,2 90,2 94,2 88,2 89,3
Indexkategorien   C 165 C 166 C 167 C 168 C 169
             
I 1 -kran brachy- meso- dolicho- brachy- meso-
I 2 -kran ortho- ortho-   hypsi- ortho-
I 3 -kran tapeino- metrio-   metrio- metrio-
I 4 -kran hypsi- chamae- hypsi- ortho- ortho-
I 5 -kran tapeino- tapeino- akro- tapeino- tapeino-
I 13 -metop metrio- metrio- eury- metrio- metrio-
I 38 -prosop hypereury. meso- meso- meso- lepto-
I 39 -en eury- mes- mes- mes- lept-
I 33/1 -prosop chamae- chamae- chamae- chamae- chamae.
I 42 -konch hypsi- hypsi- meso- meso- chamae-
I 48 -rrhin meso- chamae- meso- chamae- chamae-
I 54 -uranisch dolicho- brachy- brachy- meso- brachy-
I 60 -gnath meso- ortho-   ortho- ortho-

 

Skelettindividuum S 148

Erhalten: Bis auf linkes Hüftbein vollständiges postkraniales Skelett.

Sterbealter: Frühadult (19.-20. LJ.).
Sternale Clavieulaepiphyse (Stadium I, 18.-20. LJ.); Proximale Hurnerus- und Tibiaepiphysen, distale Ulna- und Radiusepiphysen, sowie distale Fernurepiphysen verwachsen, Epiphysenfuge aber noch sichtbar; Cristae iliacae und Elemente des Sacrums noch nicht vollständig synostosiert; Symphysis ossis pubis zeigt deutliche Querriffelung (20.-21. LI.); Spongiosararefikation im Caput humeri (18.-68. LJ.), im Caput fernoris (18.-52. LJ.).

Geschlecht: Männlich.
Das postkraniale Skelett entspricht vollkommen dem männlichen Geschlechtstypus, z. B. kräftige Langknochen mit gut entwickelten Muskelrauhheiten, enge Incisura ischiadica major

Körperhöhe: 170,6 cm.

Pathologie: Im Bereich der kranialen Deckplatten des 9.und 10. Brustwirbels flache grubenförmige Vertiefungen, die auf geringgradige Nucleus pulposus-Hernien zurückgehen.

Metrische Befunde: Die in den Tabellen 1 und 2 enthaltenen Maße und Indices der Schädel und des postkranialen Skelettes wurden nach den in R. Knußmann enthaltenen Empfehlungen von G. Bräuer erhoben.

 

Tab. 2: Maße des postkranialen Skelettes
     
MaßNr. S 148
     
Clavicula  
1. Größte Länge 140/140
6. Umfang i. d. Mitte 41/38
     
Sternum  
2. Länge d. Manubrium sterni (49)
3. Länge d. Corpus sterni 81
4. Breite d. Manubrium sterni (62)
5. Breite d. Corpus sterni 36
     
Scapula  
1. Anatomische Länge 102/103
2. Anatomische Breite 146/149
12. Länge d. Cavitas glenoidalis 40/38
13. Breite d. Cavitas glenoidalis 28/27
     
Humerus  
1. Größte Länge 323/323
2. Ganze Länge 318/318
3. Obere Epiphysenbreite 48/48
4. Untere Epiphysenbreite 62/63
5. Größter Durchmesser i. d. Mitte 25/24
6. Kleinster Durchmesser i. d. Mitte 19/18
7. Kleinster Umfang d. Diaphyse 66/65
7a. Umfang d. Mitte 71/70
8. Umfang d. Caput 136/135
9. Größter transversaler Dm. d. Caput 45/44
10. Größter sagittaler Dm. d. Caput 45/42
     
Radius  
1. Größte Länge 255/257
1b. Parallele Länge 252/254
2. Funktionelle Länge 241/243
3. Kleinster Umfang 46/44
4. Transversaler Dm. d. Schaftes 18/18
4/1 Obere Epiphysenbreite 23/24
5. Sagittaler Dm. d. Schaftes 12/13
     
Ulna    
1. Größte Länge 279/ -
2. Funktionelle Länge 245/ -
3. Kleinster Umfang 40/40
5. Höhe d. Olecranon-Kuppe 9/7
6. Breite d. Olecranon 26/26
7. Tiefe d. Olecranon 26/26
8. Höhe d. Olecranon 22/22
11. Dorsovolarer Durchmesser 19/18
12. Transversaler Durchmesser 13/13
     
Becken  
1. Beckenhöhe 208/-
2. Größte Beckenbreite  
5. Vordere obere Spinalbreite 128/-
9. Darmbeinhöhe 124/-
10. Höhe d. Darmbeinschaufel 94/ -
12. Darmbeinbreite 142/ -
13. Breite d. Darmbeinschaufel 90/-
15. Sitzbeinhöhe 81/-
17. Schambeinlänge 80/-
18. Symphysenhöhe (37)/-
22. Größter Dm. d. Acetabulum 54/-
23. Sagittaler Dm. d. Beckeneinganges  
24. Querdurchm. d. Beckeneinganges  
31. Größte Br. d. Incisura isch. maj. 43/-
33. Angulus pubis  
     
Saerum  
2. Vordere gerade Länge -
5. Vordere obere gerade Breite 112
6. Größte Bogenhöhe -
7. Entfern. Fußpkt. d. gr. Bgh. v. Prom. -
19. Transversaler Dm. v. Sl 56
     
Femur    
1. Größte Länge 468/463
1. Ganze Länge in nat. Stellung 463/459
6. Sagitt. Dm. d. Diaphysenmitte 30/29
7. Transvers. Dm. d. Diaphysenmitte 25/26
8. Umfang d. Diaphysenmitte 88/86
9. Oberer transv. Diaph. Dm. 29/30
10. Oberer sagitt. Diaph. Dm. 25/25
15. Vert. Dm. d. Collurn 30/29
16. Sagitt. Dm. d. Collurn 26/24
17. Umfang d. Collum 95/95
18. Vert. Dm. d. Caput femoris 45/46
19. Transv. Dm. d. Caput femoris 45/46
20. Umfang d. Caput femoris 144/148
21. Epicondylenbreite 80/80
22. Dicke L. d. Cond. fib. 62/62
     
Patella  
1. Größte Höhe 44/46
2. Größte Breite 46/46
3. Größte Dicke 22/21
     
Tibia    
1. Ganze Länge 377/374
1b. Länge 374/372
3. Gr. prox. Epiphysenbreite 74/75
4. Gr. sagitt. Dm. i. Niv. d. Tuberos 44/44
5. Kl. transv. Dm. i. Niv. d. Tuberos. 41/41
6. Größte distale Epiphysenbreite 47/49
7. Sagitt. Dm. d. unteren Epiphyse 41/42
8. Größter Dm. d. Mitte 29/30
8a. Gr. Dm. i. Niv. d. Foramen nutritium 33/33
9. Transver. Dm. d. Mitte 22/22
9a. Trans. Dm. i. Niv. d. For. nutritium 25/24
10. Umfang d. Diaphyse 80/82
10b Kleinster Umfang d. Diaphyse 77/75
     
Fibula    
1. Größte Länge 365/364
4a. Kleinster Umfang 40/39
     
Talus    
1. Länge 55/54
2. Breite 45/45
3. Höhe 35/35
     
Calcaneus  
1. Größte Länge 79/78
2. Mittlere Breite 48/46
3. Kl. Breite d. Corpus caleanei 29/30
4. Höhe 43/44

 

 

Tab. 3: Kranioskopische Merkmale der Cranien von Bernhardsthal

Formmerkmale C 165 C 166 C 167 C 168 C 169
           
Norma verticalis          
Form in Aufsicht, (E, 0, R, P Sphen, Spher) 0 0 0 0 0
Tubera f rontalia (0 - 3) 3/3 2/2 1/1 2/2 1/1
Incisura postcoronalis (0 - 3) 0 0 0 0 1
Regio temporosphen. (mons, mittel eing.) mo/mo mo/mo mo/mo mo/mo mo/mo
Crista sagittalis (0 - 3) 1 1 2 1 2
Depressio interparietalis (0 - 3) 1 0 0 1 0
Tubera parietalia (0 - 3) 2/2 2/2 1/1 2/2 1/1
           
Norma frontales          
Lophus frontales (0 - 3) 1 0 1 1 1
Form der Orbitae (1 - 5) 2/2 4/4 2/2 2/2 1/1
Orbitarand (scharf, mittel, stumpf) sch/sch st/st st/st st/st st/st
Spina trochlearis (0 - 3) 0/0 0/0 0/0 0/0 0/0
Sutura nasof ront et frontomax (1 - 6) 6 3 3 2* 3
Form der Nasenbeine (1 - 8) 1 1 4 7 2
Sutura internasalis (0 - 3) 0. 2 0 0 0
Sutura infraorbitalis (0,a-c) 0/0 0/0 0/0 0/0 0/0
Form der Apertura piriformis (1 - 5) 4 3 3 4 3
Unterrand d. Apertertura piriformis (1 - 4) 3 3 3 2 3
Foramen zygomaticofaciale (a-d) a/0 a,b/a,b a/a,b 0/0 a,b/a
Foramen infraorbitale a/a c/c a/a a/a a/a
Tiefe der Fossa eanina (A-D) B/B C/C C/C D/C C/CT
Incisura malaris (1 - 3) 2/2 3/3 3/3 2/2 2/2
Subnasale Gegend (glatt, leicht, stark wellig) gl iw stw iw stw
Kinnforrn (1 - 6) De Villiers 68 5 6 3 4 6
Kinnform (1 - 6) Schultz 33 2 3 4 4 3
           
Norma lateralis          
Schädelhöhe (1 - 5) 4 3 5 4 4
Areus supraeiliaris (0 - 3) 1/1 2/2 3/3 3/3 3/3
Glabellaentwicklung (I-VI) 2 3 5 4 4
Os praefrontale (0, a, b) 0/0 0/0 0/0 0/0 0/0
Spina nasalis anterior (1 - 5) 3 5 4 3 5
Pterionvarietäten (a-m) i/i h/h i/i i/i i/i
Os epipterieum (0, A-H) 0/( 0/0 0/0 0/0 0/0
Nahtvarianten Areus zygomatieus (0 - 4) 0/0 0/0 0/0 0/0 0/0
Os japonicum (0, a-f) 0/0 0/0 0/0 0/0 0/0
Tubereulum marginale (a-d) a/a b/b b/b c/d d/d
Processus postglenoidalis (A-C) B/B B/B C/C A/A C/C
Spina et Foveola suprameatum (a-f) c/c e/e */e e/e f/f
Torus auditivus (A-C) A C B B B
Crista supramastoidea (A-C) B/B B/B */C C/C B/B
Kinnprominenz (1 - 5) 5 5 5 5 5
Porus accustieus externus (1 - 5) 3/3 3/3 1/2 3/3 3/3
Sutura mastoidea squamosa (a-h) a/a a/a */d g/f d/d
Fossa digastrica (A-G) E/E D/D */F E/E E/F
Hinterhauptsform (1 - 5) 2 4 1 2 3
Protuberantia occipitalis externa (0 - 5) 1 2 3 1 4
           
Norma occipitalis          
Hinteransicht (K, B, B/H, H, H/Z, Z) B/H B/H H/Z B/H H/Z
Nahtvarianten am Occiput (0, a-x) 0 0 0 0 0
Crista occipitalis externa (0 - 3) 0 0 2 1 1
Torus occipitalis (0 - 3) 0 0 0 0 0
Regio supraasterionica (gewellt, abgfl., eingez.) gew gew gew abgfl abgfl
Processus paracondylaris (0, a-d) 0 0 0 0 0
Spitze d. Proc. mast. (vert., nach innen) vert inn vert vert vert
           
Norma basilaris          
Zahnbogenform des Oberkiefers (A-C) B B A B B
Sutura palatina transversa (a-i) f f f b b
Foramina palatina minora (a-j) e/e e/e f/f e/e e/e
Torus palatinus (0 - 3) 2 1 1 1 1
Torus maxillaris internus (0 - 3) 3 0 0 0 0
Torus maxillaris externus (0 - 3) 0 0 0 0 0
Spina nasalis posterior (1 - 6) 2 2 5 2 2
Canais basilaris (0, a-f) 0 0   0 0
Foramen ovale Varianten d/d d/d d/d d/d d/d
Foramen ovale/spinosum Varianten c/c c/c c/c e/e c/c
Pons pterigoalaris et spinosus d/d d/d e/e d/d e/e
Tubereulum pharyneum 0 0 * 0 0
Tubercula praecondylaria a a * a a
Form d. Foramen magnum 5 3 * 3 4
Tuberculum intercondylaris 0 0 * 0 0
Canalis hypoglossalis duplex 1/1 5/1 */* 1/5 1/1
Canalis condylaris 0/0 0/0 */* 0/0 0/0
           
Unterkiefer          
Zahnbogenform d. Unterkiefers (A-C) B A A B A
Torus mandibularis internus (0 - 3) 0 0 2 1 1
Torus mandibularis externus (0 - 3) 0 0 0 0 0
Tubereulae, Foramina et Fossae
geniales (a-h)
b/g b,d g b,d d
           
Bezahnung d. Oberkiefers          
Schmelzvarianten am I1 (0 - 9) */* */* 0/0 */* */*
Schmelzvarianten am I2 (0 - 6) */* */* */* */* */*
Linguale Fissuren am Caninus (0 - 3) 3/3 */* 0/0 */2 */*
Tuberculurn Carabelli (0 - 7) M1 0/0 7/7 7/7? */0? 0/0?
M2 0/0 7/7 0/0 */* 5/5
M3 0/0 */* */* */* 4/4
Occlusale Fissuren (4,4 -, + 3,3) M1 4/4 4/4 4/4 */4 4/4
M2 3/3 4-/4- 4-/4- */* 3/3
M3 3/3 */* */* */* 3/3
Foramen caecum molare innen(1-25)          
am M1 1/1 1/1 1/1 */1 1/1
am M2 1/1 1/1 1/1 */* 1/1
am M3 1/1 */* */* */* 1/1
Foramen caecum molare außen(1-25)          
am M1 1/1 1/1 1/1 */1 1/1
am M2 1/1 1/1 1/1 1/1 1/1
am M3 1/1 */* */* */* 1/1
Zahnstein (1 - 4) 1 1 1 1 1
Alveolarresorption (0 - 3) 1 1 1 1 1
           
Bezahnung d. Unterkiefers          
Occlusale Fissuren (Y4, Y5, Y6, X4, X5, X6)          
am M1 X4/X4 Y5/Y5 Y5/Y5 X4/X4 */X4
am M2 X4/X4 X4/X4 X4/X4 X4/X4 X4/X4
am M3 Y4/Y4 */* */* Y4/Y4 */*
Foramen caecum molare innen(1-25)          
am M1 1/1 1/1 1/1 */1 */1
am M2 1/1 1/1 1/1 1/1 1/1
am M3 1/1 */* */* */* 1/1
Foramen caecum molare außen(1-25)          
am M1 4/4 4/4 4/4 4/4 */4
am M2 4/4 1/1 4/4 4/4 4/4
am M3 2/2 */* */* 2/2 */*
Zahnstein (1 - 4) 1 1 1 1-2 1
Alveolarresorption (0 - 3) 1 1 1 1 1
Occlusionsform A A A A A

* Region nicht erhalten

Tab. 4: Diskreta der Cranien von Bernhardsthal

  C 165 C 166 C 167 C 168 C 169
Norma verticalis          
Phänozygie -/- -/- +/+ -/- -/-
Os fontieulum - - - - -
Os bregmaticum - - - - -
Ossa suturae coronalis -/- -/- -/- -/- -/-
Lingula frontoparietalis -/- -/- -/- -/- -/-
Lingula parietofrontalis -/- -/- - -/- -/-
Ossa suturae sagittalis - - - - -
Foramina parietalia +/+ -/+ +/- +/+ -/+
Sutura metopiea + - - + -
-Pars superior - - - - -
-Pars media... - - - - -
-Pars inferior - - - - -
           
Norma frontalis          
Fissura metopica - - - - -
Sutura metopica et Lophus fror - - - - -
Os metopicum - - - - -
Impressiones vasorum supraorbitales +/+ -/- -/- +/+ -/-
Supranasaler Nahtrest + + + + +
Impressiones vasorum supratrochle -/- -/- -/+ -/+ -/+
Foramen supratrochleare -/- -/- -/- -/- -/-
Incisura supratrochlearis -/- -/- -/- -/- -/-
Foramen supraorbitale mediale +/+ +/+ +/+ +/+ +/+
Incisura supraorbitalis mediale +/+ +/+ +/+ +/+ +/+
Forainen supraorbitale laterale -/- -/- -/- -/- -/-
Incisura supraorbitalis laterale -/- -/- -/- -/- -/-
Fovea trochlearis +/+ -/+ -/- -/- -/-
Foramen ethmoidale anterior fehlt -/- -/- *7* -/- */*
- suturale -/- -/- *7* -/- */*
- extrasuturale -/- -/- -/- -/- -/-
Foramen ethmoidale posterior fehlt -/- -/- -/- -/- -/-
- 1 +/+ +/+ +/+ +/+ +/+
- 2 - - - - -
- 3+ - - - - -
Canalis opticus partitum -/- -/- -/- -/- -/-
Os internasale - - - - -
Foramina nasalia +/+ +/+ +/+ +/+ +/+
Os lacrimale externum -/- -/- -/- -/- -/-
           
Norma lateralis          
Foramen zygomaticoorbitale +/+ +/+ +/+ +/+ +/+
Ossiculum squamosphenoidale -/- -/- -/- -/- -/-
Os parietale bipartitum -/- -/- -/- -/- -/-
Os parietale bipartitum part. -/- -/- -/- -/- -/-
Foramen parietale inferius -/- -/- -/- -/- -/-
Ossiculum suturae squamosae -/- -/- */- -/- -/-
Lingula squamoparietalis -/- -/- */- +/+ -/-
Squamoparietal-Synostosen -/- -/- */- -/- -/-
Foramen squamosum superius -/- -/- */- -/- -/-
Squama temporalis partita -/- -/- */- -/- -/-
Foramen squamosum inferius -/- -/- */- -/- -/-
Foramen zygomaticotemperale -/+ -/- -/- -/+ +/-
Ossiculum mastoideosquamosum -/- -/- -/- -/- -/-
Os incisurae parietalis -/- -/- -/- -/- -/-
Os suturae parietomastoidea -/- -/- -/- -/- -/-
Foram. mastoideum +/+ +/+ */+ +/+ +/+
- intrasuturale +/+ +/+ */+ +/+ +/+
- extrasuturale +/+ +/+ */+ +/+ +/+
- accessorium +/+ -/+ */+ -/- -/-
Os asterii -/- -/- -/- -/- -/-
           
Norma occipitalis          
Os apicis - - - - -
Os lamdae - - - - -
Os incae - - - - -
Os sutura lamdoidae -/+ -/- -/- -/+ +/+
Lingula parieoccipitalis -/- -/- -/- -/- -/-
Lingula occipitoparietalis -/- -/- -/- -/- -/-
Linea nuchae suprema - - - + -
Fossa supratoralls - - - - +
Ossiculum occipitomastoideum -/- -/- -/- -/- -/-
Ossiculum mendosum -/- -/- -/- -/- -/-
           
Norma basilar          
Sutura incisive -/- +/+ -/- -/- -/-
Sutura incisiva partialis +/+ -/- +/+ +/+ +/+
Os mediopalatinurn anterius -/- -/- -/- -/- -/-
Os mediopalatinum posterius -/- -/- -/- -/- -/-
Lamina medialis Processus ptery. perfor. -/- -/- -/- -/- -/-
Foramen vesalinum +/+ +/+ +/+ +/+ +/+
Emissaria petrosquamosa -/- -/- -/- -/- -/-
Condylus tertius -/- -/- -/- -/- -/-
Occipitalisatio atlantis -/- -/- -/- -/- -/-
Foramen Huschke -/- -/- -/- -/- -/-
Canalis condylaris -/- +/+ */* -/- +/+
offen -/- +/+ */* -/- +/+
blind -/- -/- -/- -/- -/-
klein -/- +/+ */* -/- +/+
mittel -/- +/+ */* -/- -/-
groß -/- -/- */* -/- -/-
sehr groß -/- -/- */* -/- -/-
Foramen occipitale + + + + +
Processus retromastoideus -/- -/- -/- -/- -/-
Mandibula          
Ossiculum mentalis - - - - -
Canalis medianus menti - - - - -
Foramen mentale accessorium -/- -/- -/- -/- -/-
Foramen molare -/- -/- -/* -/- -/-
Foramen retromolare -/- -/- -/- -/- -/-
Foramen mylohyoideum accessorium +/+ +/+ */* +/- +/+
Pontieulus mylohyoideus -/+ +/+ */* -/- -/-
Oberkieferbezahnung          
Medianes Trema * * - * *
Incisivenengstand * * - * *
Hypoplasie I1 */* */* -/- */* */*
I2 */* */* */* */* */*
M1 -/- -/- -/- -/- -/-
Schmelzperle - - - - -
Schmelzzunge - - - - -
Rhomboider M2 -/- -/- -/- */* -/_
M2 + M3 verschmolzen -/- -/- -/- -/- -/-
M3 nicht angelegt -/- +/- -/- -/- -/-
Druckatrophien - - - - -
Usuren - - - - -
Unterkieferbezahnung          
Incisivenengstand * * - * *
Linguale Fissuren am Caninus */* +/+ */* -/- */*
Protostylid -/- -/- -/- -/- -/-
Schrnelzperle - - - - -
Schmelzzunge - - - - -
Hypoplasie des M3 -/- */* */* -/- */*
M3 nicht angelegt -/- +/+ +/+ -/- +/+
Druckatrophien - - - - -
Usuren - - - - -

 

Verwandtschaftsanalyse

Da Verwandtschaftsbeziehungen innerhalb der Skelettserie von Bernhardsthal nicht auszuschließen waren, wurde auf der Basis der metrischen, morphologischen und sog. epigenetischen Merkmale der Cranien eine vereinfachte Version der Verwandtschafts-(Ähnlichkeits-)analyse nach H. Ullrich durchgeführt. Die Ähnlichkeitsbeziehungen aufgrund der metrischen Merkmale wurden mit Hilfe einer Clusteranalyse (hierarchische Clusteranalyse, Methode nach Ward) auf der Basis des maximalen Satzes gemeinsamer Schädelmaße, (k=44) beschrieben. Die Schädelkapazitäten wurden nicht in die Clusteranalyse miteinbezogen, da sie mit Hilfe von anderen Maßeinheiten (cm³) ausgedrückt werden. Da im Fall der metrischen Merkmale der Geschlechtsdimorphismus die Familienähnlichkeit überdecken bzw. in einem in nicht vorhersagbaren Ausmaß beeinflussen könnte, wurden einmal alle Individuen, ein weiteres Mal nur die männlichen Skelettindividuen in die Clusteranalyse miteinbezogen.

Die erste Clusteranalyse (44 Merkmale, Frauen und Männer) ergab zwei Cluster. Der erste Cluster umfaßt die männlichen Individuen C 166 und C 167, der zweite Cluster teilt sich in zwei Subcluster auf, von denen einer durch das weibliche Individuum C 165 konstituiert wird, der andere durch die Männer C 168 und C 169 (Abb.1).

Abb. 1: Clusteranalysen der Schädelmaße der Individuen von Bernhardsthal von oben nach unten:

  1. Männer und Frauen, 44 Merkmale -
  2. Männer und Frauen, 10 Merkmale -
  3. Männer, 44 Merkmale -
  4. Männer, 10 Merkmale.

In einer zweiten Clusteranalyse (Frauen und Männer) wurde der Merkmalssatz auf jene zehn Merkmale reduziert, die auch im Gruppenvergleich Verwendung finden (Maß Nr. 1, 8, 9, 17, 45, 48, 51, 52, 54, 55). Diese Maße werden zumeist für die Beschreibung der wesentlichen Längen-, Breiten- und Höhendimensionen des Schädels herangezogen. Das Ergebnis der zweiten Clusteranalyse bestätigt zunächst die gegenüber der Arbeit von H. Pöch veränderte Geschlechtsdiagnose: Das weibliche Individuum C 165 wird bereits nach der basalen Bifurkation von den Männern abgetrennt und bildet einen isolierten Dendriten, der Männer-Cluster wird von zwei Subclustern gebildet, in denen sich Individuum C 168 einerseits und die Individuen C 166, C 167 und C 169 andererseits gegenüberstehen (Abb.2).

Legende: SL..Slawen, BA..Bajuwaren, LA..Langobarden, AW..Awaren

Abb.2: Clusteranalyse der Vergleichsstichproben: Männer, 10 Merkmale

Die dritte Clusteranalyse (44 Merkmale, nur Männer) ergab nach der basalen Bifurkation zwei Cluster, die jeweils durch die männlichen Individuen C 166 und C 167 bzw. C 168 und C 169 gebildet werden (Abb.3). Reduziert man in einer vierten Clusteranalyse die Merkmalsanzahl auf zehn Schädelmaße, so kommt es in Cluster 1 zu einer Vergesellschaftung der Individuen C 166, C 167 und C 169, der zweite Cluster wird ausschließlich durch Individuum C 168 konstituiert (Taf. 4).

Abb. 3: Clusteranalyse 2 der zu"Ethnien" zusamrnengefaßten Vergleichsstichproben, Männer, 10 Maße, 8 Indices

Aus den oben beschriebenen Clusteranalysen geht zunächst die schon aufgrund des Geschlechtsdimorphismus zu erwartende Sonderstellung des weiblichen Individuums C 165 hervor. Besonders geringe Ähnlichkeitsabstände zeigen sich zwischen den Individuen C 165 und C 168 (Vater-Tochter bzw. Mutter-Sohn-Beziehung?) einerseits und den männlichen Individuen C 167 und C 169. Diesen wird, allerdings in etwas größerem Ähnlichkeitsabstand, auch Individuum C 166 zugeordnet.

Was nun die in den Tabellen 3 und 4 angeführten Formmerkmale und Diskreta betrifft, so weicht die Verfasserin im folgenden insoferne von der von Ullrich propagierten Methode ab, als sie auf eine Gewichtung der einzelnen Merkmale nach ihrem Erbgang und der Anzahl ihrer Varianten (Merkmale I., II. und III. Ordnung) wegen der zahlreichen damit verbundenen Imponderabilien verzichtet. Der Ähnlichkeits-(Verwandtschafts)grad ergibt sich aus der Summe der gleichen, ähnlichen und ungleichen Merkmalsausprägungen. Übereinstimmende Ausprägungen werden bei Formmerkmalen und Diskreta mit + 2 Punkten, ähnliche Ausprägungen mit + 1 Punkten, nicht übereinstimmende Ausprägungen bei Formmerkmalen mit - 2, bei Diskreta mit - 1 gewichtet. Leider konnten nicht alle Merkmale in den Ähnlichkeitsvergleich einbezogen werden, da bei Individuum C 167 ein großer Teil der Schädelbasis sowie bei allen Individuen zumindest die Frontzähne fehlten. In bezug auf die verbleibenden 92 Formmerkmale beträgt die größtmögliche Übereinstimmung der Ausprägungen 184 Punkte, bei den 136 Diskreta können 272 Punkte erreicht werden.

In Tabelle 5 sind die Ergebnisse (Punkteanzahlen) der paarweisen Vergleiche der Formmerkmale und Diskreta der Cranien von Bernhardsthal dargestellt.

Tab. 5: Ergebnisse der paarweisen Vergleiche der Formmerkmale und Diskreta der Cranien von Bernhardsthal

  Formmerkmale Diskreta
C 165:C 166 95 230
C 165:C 167 87 236
C 165:C 168 110 260
C 165:C 169 96 234
C 166:C 167 91 239
C 166:C 168 93 224
C 166:C 169 102 239
C 167:C 168 114 239
C 167:C 169 141 248
C 168:C 169 127 239

Der paarweise Vergleich der fünf durch Cranien repräsentierten Individuen von Bernhardsthal ergab bei den Formmerkmalen die größte Ähnlichkeit zwischen den Individuen C 167 und C 169 (141 Punkte), in weiterer Folge zwischen den Individuen C 168 und C 169 (127 Punkte) sowie zwischen den Individuen C 167 und C 168 (114 Punkte). Die bereits im metrischen Vergleich sichtbar gewordene Ähnlichkeit zwischen C 165 und C 168 manifestiert sich in der vierthöchsten Punkteanzahl (110). Noch deutlicher wird der geringe Ähnlichkeitsabstand zwischen diesen beiden Individuen bei den Diskreta, wo sie mit 260 Punkten den höchsten Übereinstimmungsgrad aufweisen. Wie schon bei den Formmerkmalen zeigen auch hier die Individuen C 167 und C 169 eine besonders ausgeprägte Ähnlichkeit (248 Punkte). Die vier männlichen Individuen C 166, C 167, C 168 und C 169 zeichnen sich durch gleiche Ähnlichkeitsabstände aus.

Zusammenfassend kann eine bemerkenswerte Übereinstimmung der Ergebnisse der Ähnlichkeitsanalysen der metrischen, morphologischen und sog. epigenetischen Merkmale festgestellt werden. In allen Merkmalssystemen wird die enge Assoziation der Individuen C 165 und C 168 sowie der Individuen C 167 und C 169 deutlich. Über die in den hier verwendeten Merkmalslisten sichtbar werdenden Merkmalskoinzidenzen hinaus werden die genannten Ähnlichkeitsmuster jedoch auch durch den Gesamteindruck bzw. durch Merkmale bestätigt, die nicht in den Listen enthalten sind (z. B. Exostosen an der Spitze des Processus mastoideus bei C 165 und C 168). Welcher Art die, höchstwahrscheinlich genetischen, Beziehungen zwischen den Bestatteten von Bernhardsthal waren (z. B. Mutter-Sohn, Vater-Tochter, Vater-Sohn?) kann nicht näher bestimmt werden, da die Reihenfolge der Bestattung der einzelnen Individuen nicht bekannt ist.

Gruppenvergleich

Um die Ähnlichkeitsbeziehungen der Bernhardsthaler Serie mit österreichischen Stichproben ähnlicher Zeitstellung zu untersuchen, wurden vier Clusteranalysen auf der Basis der maximalen Anzahl gemeinsamer Merkmale (10 Schädelmaße, Nr. 1, 8, 9, 17, 45, 48, 51, 52, 54, 55) berechnet. Die 20 Vergleichsserien gehören den vier wesentlichen Ethnien des frühmittelalterlichen Österreich (7.-10.Jahrhundert) an, nämlich den Langobarden, Bajuwaren, Slawen und Awaren. Die Mittelwerte der einzelnen Langobarden-Stichproben (Neuruppersdorf, Poysdorf, Rohrendorf, Erpersdorf, Oberbierbaum, Nikitsch, Schwechat, Mannersdorf, Großhöflein, Steinbrunn, Mödling, Einzelfunde) wurden von E.-M. Winkler aus Originaldaten J. Jungwirths und eigenen Untersuchungen berechnet und in einer Studie über die Germanen in Niederösterreich für eine Clusteranalyse verwendet. Die Stichprobe von Schwechat wurde von M. Teschler-Nicola publiziert. Das Ethnos der Bajuwaren war in der gegenständlichen Analyse zunächst nur durch die kleine Serie von Rudelsdorf vertreten.

Tabelle 6: Mittelwerte und Umfänge der Vergleichsstichproben

Nr. nach Knußmann

Bernhardsthal (n=4)

Slawen

Langobarden

Baiern

Awaren

           

1

184,3

187,1

190,2

190,1

187,6

8

141,3

140,4

135,6

141,1

144,2

9

96,0

96,9

97,1

98,9

95,3

17

135,7

135,9

134,9

135,2

131,7

45

127,8

133,4

127,9

132,9

147,4

48

67,5

69,3

69,9

75,6

74,5

51

39,5

40,6

39,6

42,2

41,9

52

32,5

32,9

33,1

33,2

34,2

54

25,0

24,8

24,1

24,9

26,1

55

49,3

50,8

51,9

52,7

54,1

Indices:

         

I 1

76,7

75,1

71,3

74,2

76,9

I 2

73,6

72,6

70,9

71,1

70,2

I13

67,9

69,0

71,6

70,1

66,1

I39

52,8

51,9

54,7

56,9

50,5

I51/1

19,6

18,6

18,8

18,7

17,7

I51/2

73,1

73,3

74,3

69,7

72,6

I70

49,7

50,9

51,8

55,9

56,7

I71

90,5

95,0

94,3

94,2

102,2

Um ihm gegenüber den anderen Serien größeres Gewicht zu geben, wurde zusätzlich die bajuwarische Serie von München-Giesing miteinbezogen. Die Serien von Pitten, Mühling bzw. Wieselburg, Zwentendorf, Gusen und Auhof sind aufgrund des archäologischen Befundes als "slawisch" anzusprechen, obwohl z. B. Zwentendorf von W. Heinrich als "frühdeutsch" bezeichnet wird. Das awarische Ethnos, das ja ebenso wie die Slawen häufig fremdethnische Elemente enthielt, ist durch die Serien von Zwölfaxing, Leobersdorf und Münchendorf repräsentiert. Die Mittelwerte und Stichprobenumfänge der einzelnen Vergleichsserien sind in der vorliegenden Arbeit aus Platzgründen nicht einzeln angeführt, sie finden sich in den zitierten Originalarbeiten.

In einer ersten Clusteranalyse auf der Basis der zehn im Abschnitt "Verwandtschaftsanalyse" angeführten, absoluten Schädelmaße wurden die Ähnlichkeitsbeziehungen der Bernhardsthaler Serie zu den insgesamt 20 Vergleichsstichproben untersucht. Das Dendrogramm in Abb. 5 zeigt, daß nach der basalen Bifurkation die Mehrzahl der langobardischen Stichproben in einem eigenen Haupteluster abgetrennt werden. Die übrigen langobardischen Serien (Rohrendorf, Steinbrunn, Einzelfunde) bilden im zweiten Hauptcluster bis auf Oberbierbaum einen eigenen Subcluster, der zwischen zwei anderen "ethnisch gemischten" Subclustern sowie den Awaren von Zwölfaxing steht, die einen eigenen Dendriten bilden. Der eine Subcluster umfaßt die Bajuwaren von München-Giesing sowie die Awaren von Münchendorf und Leobersdorf. Der andere Subcluster enthält alle slawischen Serien, die Langobarden von Oberbierbaum, die Bajuwaren von Rudelsdorf sowie die Serie von Bernhardsthal. Innerhalb dieses überwiegend slawischen Clusters wird Bernhardsthal eng der Serie von Auhof zugeordnet, kann also generalisierend als "slawisch" identifiziert werden.

Faßt man die einzelnen Vergleichsserien aufgrund ihrer archäologischen Klassifikation zu vier "Ethnien" zusammen, so wird deutlich, daß es sich durchaus um vier ausgeprägte Populationstypen handelt, wobei sich die europäischen Germanen und Slawen erwartungsgemäß scharf von den "asiatischen" Awaren absetzen: Die Awaren werden nach der basalen Bifurkation abgetrennt und bilden einen eigenen Haupteluster bzw. Dendriten. Der zweite Hauptcluster umfaßt im wesentlichen drei Subcluster: die eigene Dendriten bildenden Bajuwaren und Langobarden sowie die Slawen und Bernhardsthal, die in einem eigenen Subcluster eng verbunden sind (Abb. 6, links). Clustert man die vier "Ethnien" auf der Basis von acht Indices (Abb. 6, rechts), so ergeben sich analoge Ähnlichkeitsbeziehungen; die germanischen Bajuwaren und Langobarden stehen allerdings enger assoziiert und heben sich von den Slawen und Bernhardsthal deutlicher ab. In Tabelle 6 sind die jeweiligen Gruppenmittelwerte und Stichprobenumfänge der absoluten Maße und Indices angeführt.

Diskussion und Zusammenfassung

Bei den in dem hallstättzeitlichen Tumulus I von Bernhardsthal nachbestatteten sechs Individuen handelt es nicht, wie eine frühere Bearbeiterin (H. Pöch) feststellte, um sechs Männer (einer davon jugendlich), sondern um eine Frau und fünf Männer (alle erwachsen). Die von Pöch an den Cranien beobachteten zahlreichen Gewaltverletzungen lassen sich bis auf eine Ausnahme als postmortale Substanzverluste klassifizieren. Eine sog. Verwandtschaftsanalyse macht genetische Beziehungen zumindest zwischen je zwei der fünf durch Cranien repräsentierten Individuen wahrscheinlich (C 165 und C 168, C 167 und C 169). Multivariate Vergleiche der Bernhardsthaler Serie mit österreichischen Stichproben ähnlicher Zeitstellung ordnen die Serie dem slawischen Ethnos zu, die gleichlautende Annahme H. Pöchs konnte damit verifiziert werden.

Der vorliegende anthropologische Befund erlaubt eine Neubewertung des gesamten Fundkomplexes. Dem dramatischen Szenario von M. Much und H. Pöch, die die Nachbestattungen als Gräber eines "Häuptlings" und seiner "letzten Getreuen" deuteten, wird eine profanere Interpretation entgegengesetzt, nach der es sich einfach um den Bestattungsplatz einer in der Nähe lebenden Sippe handelt. Über die Frage der Reihenfolge bzw. Gleichzeitigkeit der einzelnen Nachbestattungen kann von seiten der Biologie keine Aussage gemacht werden.

Fußnoten

M. MUCH, in: Bock, Ansiedlungen auf dem Gebiete von Bernhardsthal, Bernhardsthaler Hauskalender 1913.

Eine archäologische Bearbeitung dieser Grabbeigaben durch E. SZAMEITH findet sich im selben Band. Er ist der Ansicht, daß die Art und Anzahl der Beigaben auf eine Mehrfachbestattung hindeuten.

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H. PÖCH, Die Schädel aus dem ersten Tumulus von Bernhardsthal, Wr. prähist. Zeitschr. 9, 1922, 48 ff .

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A. a. 0.

A. a. 0.

A. a. 0., 48.

A. a. 0

A. a. 0., 52 G.

V. BLACK, Deseriptive anatomy of the human teeth, lst ed., Philadelphia 1889.

PÖCH, s. Anm. 4, 53.

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S. Anm. 4

S. Anm. 20

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